Der Abschlussbericht steht an..

Nicht zu fassen, wie schnell ein Jahr vergehen kann. Noch ganz genau kann ich mich daran erinnern, wie wir vor knapp einem Jahr am Flughafen von San José angekommen sind und zum ersten Mal einen Fuß auf costa-ricanischen Boden gesetzt haben. Ich erinnere mich an die Fahrt im Auto und die erste Nacht in meinem damals noch neuen Zuhause; an die ersten vorsichtigen Schritte, die getan werden mussten, um sich in die neue Gastfamilie zu integrieren und die ersten spanischen Worte, die einem noch gar nicht so richtig über die Lippen kommen wollten; auch an die ersten Tage im Projekt, in denen man irgendwie noch nicht so richtig wusste, wohin mit sich und nichts von dem verstanden hat, was die Kinder von einem wollten. Inzwischen ist für mich beinahe alles hier für mich zum ganz normalen Alltag geworden und ich kann mir noch überhaupt nicht vorstellen, bald alles zurückzulassen und mich in den deutschen Alltag wieder einfinden zu müssen. Ich bezeichne meine Gastfamilie hier mittlerweile als Teil meiner richtigen Familie und liebe es einfach mit ihnen Zeit zu verbringen. Vor allen Dingen abends sitzen wir immer zusammen und reden über Gott und die Welt. Manchmal sitzen wir einfach gemeinsam vorm Fernseher oder spielen alle zusammen und andere Mal lachen wir zusammen, bis uns die Tränen kommen. Das wird mir definitiv fehlen. Und im Moment heißt es jeden Tag: Joanna, es kann doch gar nicht sein, dass jetzt schon ein Jahr vergangen ist. Wieso bleibst du nicht einfach hier? Und allein das, was es noch viel schwerer, bald Abschied zu nehmen. Auch im Projekt stellt man mir jeden Tag die gleiche Frage: Joanna, musst du wirklich gehen? Kannst du nicht einfach hier bleiben? Meine Chefin beklagt sich beinahe jeden Tag, dass sie gar nicht richtig weiß, was sie ohne mich machen soll und ich ihr auf jeden Fall sehr fehlen werde. Und auch mir wird das Projekt unendlich fehlen, denn meine Chefin ist für mich zu einer echt guten Freundin hier geworden und die ganzen Kinder sind für mich wie meine eigenen. Auch wenn es wirklich nicht immer einfach mit ihnen war, bricht es mir das Herz, wenn ich daran denke, dass ich sie vielleicht nie wiedersehen werde.
Ich kann behaupten in diesem einen Jahr viele Veränderungen bemerkt zu haben; sowohl Veränderungen im Projekt, als auch Veränderung an meiner Rolle im Projekt, als auch Veränderungen an mir selbst.
Im Projekt hat sich, wie ich finde, einiges zum Positiven gewandt, aber es haben sich auch Dinge zum Negativen verändert. Positiv ist definitiv, dass den Kindern inzwischen viel mehr Freizeitaktivitäten geboten werden. Während ich mich zu Beginn des Jahres beschwert habe, dass die Kinder außer Schule beinahe nichts zu tun haben und viel zu viel Zeit vor dem Fernseher verbringen, musste ich mich am Ende damit abfinden, dass ich meinen eigenen Stundenplan, nach dem ich mit den Kindern gearbeitet habe, stets ändern und mich sämtlichen anderen Aktivitäten abstimmen musste, die den Kindern inzwischen geboten werden. So haben die Kinder regelmäßiges Fußball Training und viele Kinder gehen zum Schwimmen und einige können Gitarrenunterricht nehmen. Es gibt inzwischen einen Chor, mit einem professionellen Musiklehrer, der mindestens einmal die Woche mit einer gewissen Anzahl von Kindern probt und regelmäßig kommen andere Freiwilligengruppen, die Aktivitäten in der Sporthalle anbieten, sei es malen, basteln, Armbänder machen oder Basketball spielen. Das ist eine positive Entwicklung, die wie ich denke, das Leben der Kinder viel angenehmer gestaltet, sie mehr auslastet und die Arbeit für zukünftige Freiwillige auch einfacher macht, weil diese sich nicht mehr fragen müssen, was jetzt grade am wichtigsten ist, wo es doch an allen Ecken und Enden etwas zu tun gibt, sondern sich viel mehr auf die schulische Unterstützung der Kinder konzentrieren können und nebenbei eher ein oder zwei größere Projekte planen können, ohne sich dabei so viele Gedanken darum machen zu müssen, dass man doch am liebsten überall zu gleich wäre. Was ich vor allen Dingen auffällig finde, ist dass all diese Veränderungen in der Zeit stattgefunden haben, in der das Pueblito ohne Direktor war, was ungefähr zwei Monate waren. In dieser ganzen Zeit ist mir aufgefallen, dass das Team des Leitungsbüros viel motivierter gearbeitet hat. Alle hatten auf einmal neue Ideen und sie wurden auch viel schneller ohne große Hindernisse umgesetzt. Doch seit dann Don Leonel als neuer Direktor ins Pueblito kam, fingen die Negativentwicklungen an, die ich oben erwähnte. Zunächst einmal war mir erst einmal mehrere Tage lang gar nicht klar, dass es überhaupt einen neuen Direktor gab. Ich habe den Mann zwar immer beim Mittagessen gesehen, aber es gibt immer mal wieder Besuch und er hat sich mir nicht einmal vorgestellt, so dass ich dachte, dass er nur vorrübergehend irgendwelche Arbeiten in der Oficina erledigen würde, bis am 3. Tag meine Chefin Emi dann zu mir meinte: „Joanna, kennst du eigentlich schon Don Leonel? Er ist der neue Direktor vom Pueblito.“ Ich war dann erstmal etwas perplex und meinte: „Oh, schön Sie kennen zu lernen.“ Er hat mich nur angeguckt, meinte „gleichfalls“ und hat sich dann wieder dem Fernseher zugewandt, wobei ich mir dachte: Na das kann ja heiter werden. Und ich hatte Recht. Nach zwei Wochen hielt er dann seine erste Rede vor den Oficina-Leuten (das erste und bisher einzige Zusammentreffen, dass er mit den Kindern veranstaltet hat, fand erst zwei 2 Monate später statt und ich glaube, er kann bis heute nur die Namen der wirklichen Problemkinder), in der er verkündete, dass sämtliche Arbeit von ihnen, die mit den Kindern zu tun habe, nichts mit ihm zu tun hätte und man ihn damit dann auch bitte belästigen möge. Eine etwas seltsame Einstellung für den Direktor eines Kinderheimes meiner Meinung nach. Er hingegen wandte seine ganze Aufmerksam darauf, die Arbeit der Señoras zu regeln und zu kontrollieren, was darauf hinauslief, dass er innerhalb kürzester Zeit 4 Señoras, die wie ich fand ein gutes Verhältnis zu den Kindern hatten, herauszuwerfen, ohne einen wirklichen Grund dafür zu nennen, und den anderen sämtliche Freiheiten, die sie einst hatten, entzog. So sind inzwischen die freien Tage der Frauen, die sechs von sieben Tagen der Woche 24 Stunden lang arbeiten, festgelegt worden. So hat jede Frau einen festen Tag (der ihnen zugeteilt wurde) in der Woche frei, zum Beispiel immer freitags oder immer sonntags. Vorher durften sie sich den Tag aussuchen und mussten nur mit der Leitung kurz absprechen, ob es für den Tag jemanden gab, der für sich einspringen konnte. Wenn die Frauen ein persönliches Ereignis an einem anderen Tag haben, wie dass sie ihre Kinder besuchen kommen oder der Ehemann von einer Reise zurückkommt – Pech. Für jede kleinste Aktivität muss die Erlaubnis von 3 verschiedenen Personen oder mehr eingeholt werden und im Allgemeinen befinden alle Señoras, dass sie sehr von oben herab und ohne Verständnis behandelt werden, so dass derzeit die meisten ziemlich unglücklich sind und der Gedanke, einfach zu gehen, immer naheliegender wird und das wie ich finde nachvollziehbarerweise. So kann man zwar immerhin sagen, dass es keine schlechte Entwicklung gibt, die direkt das Leben der Kinder beeinträchtigt, doch gibt es Señoras, die sagen, dass sie sich schon fast wie im Gefängnis fühlen und ich halte es für ungerecht, diesen Menschen, die eigentlich das Herz des Pueblitos darstellen und eine völlig unterschätzte Arbeit leisten, derart zuzusetzen und finde es deshalb auch nicht verwunderlich, dass so viele mit dem Gedanken spielen zu gehen, obwohl ihnen das Wohl der Kinder sehr am Herzen liegt. Für mich kann ich sagen, in diesem Jahr mein bestes dafür getan zu haben, das Leben der Kinder soweit es mir möglich war, angenehmer zu gestalten und zu einer guten Freundin für sie geworden zu sein. Ich habe mir vorgenommen, jedem einzelnen zu Weihnachten einen Brief zu schreiben, um ihnen zu zeigen, dass ich sie nicht vergessen habe und hoffe, dass ich auch die ein oder andere Antwort bekomme, grade von den Kindern, mit denen ich besonders viel Lesen und Schreiben geübt habe und bei denen inzwischen deutliche Fortschritte zu erkennen sind. Auch jetzt noch bin ich der Meinung, dass der Freiwilligendienst nach der Schule, für mich persönlich die beste Entscheidung war, die hätte treffen können. Ich habe das Gefühl reifer und selbstbewusster geworden zu sein. Ich habe hier in Costa Rica das Gefühl entwickelt, einfach zufrieden sein zu können, sowohl mit dem was ich tue als auch einfach mit mir selber als Menschen. Ich denke, dass ich mich selbst inzwischen so gut kenne, dass ich in der Lage bin, den für mich richtigen Weg im Leben zu gehen und auch die richtigen Entscheidungen für mich zu treffen. Ich bin in dem ganzen Jahr unheimlich zufrieden, wenn nicht sogar glücklich geworden und hoffe, dass mit der Heimkehr nicht auch Selbstzweifel und Unsicherheiten zurückkommen. Ich will gerne mehr Sprachen lernen und mehr von der Welt kennenlernen und bin gleichzeitig entschlossen, das geplante Medizinstudium anzupacken. In diesem Auslandsjahr sind die von mir erwarteten „Downs“ mit Fragen wie: Was mache ich hier eigentlich, wozu tu ich das und pass ich hier überhaupt rein, völlig ausgeblieben, so dass ich mir inzwischen vorstellen kann, in den meisten Ländern der Welt leben zu können, weil ich der Meinung bin, dass man überall auf der Welt Freunde finden kann und es nicht unbedingt mit dem Ort, an dem du bist, zusammenhängt, ob du glücklich bist oder nicht, sondern viel, viel mehr mit den Menschen, die dich an diesem Ort umgeben und damit, dass du mit dir selbst im Reinen bist. Ich will versuchen in Zukunft vorurteilsfreier durch die Welt zu gehen und Menschen, die offensichtlich aus anderen Teilen der Welt stammen, weniger schnell in Schubladen zu ordnen – auch wenn man das oft wahrscheinlich unbewusst (trotzdem) macht – denn ich weiß inzwischen wie unangenehm es sein kann, von aller Welt auf der Straße angesprochen zu werden und mit den Klischees des eignen Landes konfrontiert zu werden, obwohl sie auf einen selber vielleicht gar nicht zutreffen. Wobei ich auch gelernt habe, mit dieser Situation umzugehen und es inzwischen meistens eher lustig finde, die verdutzten Gesichter zu sehen, wenn mich draußen irgendwer auf Englisch anspricht und ich auf Spanisch antworte und sage, dass ich nicht aus den Staaten komme.
Alles in allem möchte ich einfach danken, die es mir ermöglicht haben, diese Erfahrung hier machen zu können und will nur noch zwei Dinge loswerden, deren Bedeutung ich in diesem Jahr sehr zu schätzen gelernt habe:
Toleranz und Lachen! 

Das macht das Leben schon schnell viel angenehmer.

Hasta pronto Alemania!
Joanna

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FUSSBALLFIEBER!

Hallo hallo hallo und hola 🙂

Tut mir leid, dass ich so lange nichts habe von mir hören lassen, doch wenn man von den Leuten nichts hört geht es ihnen gut 😉

Ich war in der Zwischenzeit ziemlich beschäftigt, habe meinen Geburstag im April in Panama in Bocas del Toro an einem traumhaft schönen Strand mit sehr guten Freunden gefeiert, mein Geburtstagsgeschenk: „Ein Abenteuerwochenende in Monteverde“ eingelöst, wo wir Kanopy gemacht und nachts ganz tolle Tiere gesehen haben – darunter eine Tarantel und eine der giftigsten Schlangen, die es hier gibt – und war außerdem für zwei Wochen mit meiner Freundin Felina auf Reisen, die ich hier in besuchen gekommen ist.

Selbstverständlich habe ich auch viel gearbeitet. Wir hatten inzwischen tatächlich doch einen festen Stundenplan, nach dem wir it den Kindern gearbeitet haben, doch im Moment haben die Kinder Ferien, da machen wir natürlich spaßigere Sachen, als für die Schule zu lernen, etc. und nachdem meine Mitfreiwillige Farina anfang Juni frühzeitig nach Hause geflogen ist, hat sich natürlich sowieso einiges geändert, aber dazu wann anders mehr.

Jetzt grade gibt es hier in Costa Rica nämlich eine andere Sache, die alle Welt beschäftigt und diese da wäre: FUSSBAAAAAAAAAAAAAAALLLLLLLL!!!
Ich war selber in meinem Leben noch NIE so begeistert für Fussball und die WM wie in diesem Jahr!
Wer hätte gedacht, dass Costa Rica so weit kommt??
Die Ticos können es auch selber gar nicht glauben!
Das ganze Land ist im völligen Fussballfieber und das ist einfach ansteckend!
Nach jeder Partie wird hier gefeiert als wären sie schon zum Weltmeister gekrönt worden und tatsächlich ist es das erste Mal in der Fussballgeschichte, dass Costa Rica im Viertelfinale einer Weltmeisterschaft steht!! Und das völlig verdient!
Ich habe noch nie ein Team so kämpfen gesehen.
In der Gruppe haben sie gegen 3 Weltmeister ankommen müssen, keiner hätte gedacht, dass sie das überhaupt überstehen, doch tatsächlich haben sie Italien und Uruguay platt gemacht und gegen England ein Untentschieden herausgeholt, so dass sie als GruppenERSTER weitergekommen sind. Letzten Sonntag gegen Griechenland hätten sie beinahe mit 1:0 gewonnen, aber dann bis zum Elfmeterschießen ausgeharrt und dabei überzeugt. Und das obwohl sie, wie hier alle sagen, mit 10 gegen 12 und die FIFA gespielt haben, da einer ihrer Spieler FÜR WIRKLICH NICHTS eine rote Karte bekommen hat und der Schietsrichter mehr als offensichtlich zu Gunsten der Griechen gepfiffen hat!
Die Emotion in diesem Land ist wirklich unübertrefflich. Grade fiebern alle der Partie gegen Holland entgegen und schon seit 4 Stunden fahren tausend hupende Autos an meine Haus vorbei und alle Welt läuft in den Nationalfarben rot, blau und weiß herum – auch ich, selbstverständich!
Ich bin inzwischen soweit, dass ich sage, sollte das Finale wirklich Costa Rica- Deutschland sein – was wir am Anfang alle nur spaßhaft gesagt haben und inzwischen zu einer ernsthaften Möglichkeit geworden ist – wäre ich wirklich für Costa Rica, einfach weil dieses Team und dieses Land es so sehr verdient hätten!
In so vielen anderen Ländern hier gibt es nach den Fussballspielen Gewaltakte, Morde, Blutvergießen, ernsthafte Schwierigkeiten. Hier in Costa Rica nicht. Man sagt, wo ein Tico ist, ist auch Frieden – und das stimmt!
Die Leute hier sind einfach voller Freude und Glück, die Leute weinen und schreien und können es einfach gar nicht fassen, was hier grade passiert und wir Freiwilligen können gar nicht glauben, dass wir ein Teil von all dem sind!

Es ist wirklich wunderschön in dieser Zeit in diesem Land zu sein und egal was heute passiert, alles was bisher passiert ist, ist einfach unvergesslich und um nichts in dieser Welt will ich es missen, gerade genau hier zu sein!

Mit diesen Worten:
VAMOS TICOS! VAMOS SELE – A PONERLES!
SI SE PUDO Y SI SE PUEDE!

Hasta pronto!
Joanna

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Die Schattenseiten des Pueblito

Hier kommt ein Bericht, den ich schon sehr lange verfassen wollte, den ich allerdings nie unter der Woche schreiben konnte, um nicht zu emotional zu werden und mit dem ich mich am Wochenende nicht befassen wollte, weil ich diese nutze, um mich von all dem, was ich unter der Woche sehe und erlebe, zu distanzieren. Doch nun nach meinem Urlaub im Januar kann ich, hoffe ich, mit ein bisschen mehr Abstand an die Sache herangehen und will versuchen, die Dinge so darzustellen, wie sie sind, auch wenn sich Wut und Traurigkeit nicht vermeiden lassen werden.

Nun gut. Am Anfang des Jahres noch vor meiner ersten Arbeitswoche sagte meine Gastmutter Lucre zu mir: „Joanna, im Pueblito werdet ihr gute Arbeit leisten können. Es wird eine Erfahrung sein, die dein Leben für immer bereichern wird, doch wird es bestimmt nicht immer einfach. Du wirst Leid sehen und du wirst merken, dass das Pueblito viele Schattenseiten hat. Glaub mir, es wird schwer, aber du machst das schon.“
Ich habe gedacht, ja gut, klar, ich arbeite in einem riesigen Kinderheim, sicherlich wird das nicht immer einfach sein. Schließlich hat jedes dieser Kinder dort schon früh Verluste erlitten und viele auch schon Gewalt und Missbrauch erlebt. Ich habe mir vorgestellt, dass dass es traurig und schlimm wird, wenn man so eine nahestehende Person für die Kinder wird, dass sie anfangen, sich einem anzuvertrauen und einem ihre Geschichte erzählen. Und ja, damit hatte ich Recht. Es ist grausam aus dem Mund eines 13-jährigen Mädchens zu hören, dass sie mit 10 Jahren von dem neuen Freund ihrer drogenabhängigen Mutter und 5 seiner Freunde vergewaltigt wurde und sich ihnen hingegeben hat, um immerhin ihre größere Schwester und ihren kleinen Bruder (die inzwischen allesamt im Pueblito, aber getrennt voneinander in verschiedenen Häusern leben) vor diesem Schicksal zu bewahren, bis sie immerhin aus dieser Familie herausgeholt worden sind. Das hat mich selbst erst einmal so sehr bewegt, dass ich 2 Wochen lang mit niemandem darüber sprechen konnte und auch gar nicht mehr von der Vergangenheit der Kinder in meinem Projekt wissen will, denn zu Beginn fiel es mir wirklich schwer, dieses Mädchen ganz normal wie all die anderen Kinder auch zu behandeln, obwohl ich irgendwo glaube, dass das im Alltag in so einem Fall ziemlich wichtig ist.

Diese Geschichte hat mich schon wirklich getroffen, doch das, was mich eigentlich so wütend macht, ist zu sehen, wie so ein junger Mensch, dem bereits so schlimme Dinge widerfahren sind, die ohnehin viel zu viel für ein so kleines, alleingelassen Herz sind, dann auch noch im großangepreisten, möchtegern-tollen Pueblito leben und mit kaum vorhandener Zukunftsperspektive aufwachsen muss;
im Pueblito, der „Familie für Kinder“, in der es keine Väter gibt und die Mütter, sowie die Geschwister zum Teil jede zweite Woche wechseln; im Pueblito, an dem für ein jedes Kind gesorgt wird, in dem es zwar weder glücklich, noch zufrieden, aber immerhin ruhig gestellt und gefügig gemacht wird, in dem man die mit Ritalin und Antidepressiva vollpumpt und ihnen, wenn es einmal ganz schlimm wird, so dass die Kinder in Krisen verfallen, Beruhigungsmittel gespritzt wird, damit sie sich erstmal ausschlafen..
Natürlich ist davon, genau wie von der herabgekommenen Wohnsituation der Kinder, offiziell nichts bekannt. Auf Farinas und meine Frage einst beim Mittagessen, was sie dem Kind, dass bei der Psychologin im Büro sitzt und schläft, denn gerade gegeben hätten, bekamen wir die Antwort: „Nein, nein, nichts. Das Kind hatte eine Krise und hat sich ausgetobt und ausgeschrien. Das ist jetzt einfach müde.“ 20 Minuten vorher hatten wir gesehen, wie das arme Kind von drei Leuten festgehalten wurde, damit die Psychologin ihm die Spritze verabreichen konnte. Aber mit Sicherheit war das nur Wasser…..
Leute, die von Außen ins Pueblito kommen – wie beispielsweise Spendengeber – sind immer herzlich eingeladen, solange die keinen allzu genauen Einblick in die Häuser wünschen. Ihnen werden die stehts schön gestrichenen Außenfassaden der Häuser, so wie Küche und Wohnbereich gezeigt, die in jedem Haus mit Großbildplasmafernseher und Playstation ausgestattet sind und danach wird der Besuch freundlich in die gut eingerichtete Oficina und das elegante Büro das Direktors bugsiert. Ein Blick in die Schlafräume oder Bäder der Kinder wird ihnen nicht gewährt und das hat auch seine Gründe. Wer will schon ein Projekt unterstützen, in dem Gelder darein investiert werden, es von außen möglichst schön zu halten, während gleichzeitig die Kinder auf so durchgelegenen Matrazen in klapperigen Betten mit nur einer Wolldecke schlafen, dass sie sich auch eigentlich gleich auf den kalten Fußboden legen könnten? Wer will schon Geld dafür geben, dass am „Internationalen Tag der Frau“ wirklich ein jeder weiblicher Mitarbeiter eine teure importierte Tulpe geschenkt bekommt, wenn er weiß, dass sich die Kinder währenddessen in schimmeligen Bädern waschen und auf Klos gehen, die ich zu Teil nicht einmal ansehen kann, weil ich sie so widerlich finde. Und dass liegt nicht daran, dass sie nicht gut geputzt würden, sondern einfach daran, dass sie schon etliche Jahrzehnte auf dem Buckel haben, in denen zwei Klos von teilweise mehr als 10 Kindern plus Hausmama genutzt werden.
Immerhin muss ich sagen, ist für die Kinder ansonsten materiell im Großen und Ganzen gut gesorgt. Sie kriegen genügend zu essen, alle haben Schulsachen und Kleidung (nicht immer ausreichend, nicht immer passend, aber man gibt sich Mühe. 120 Kinder perfekt zu versorgen ist zugegebenermaßen nicht einfach) und auch schöne persönliche Dinge, wie Kuscheltiere und Spielzeug (was natürlich gut gehütet und gepflegt werden muss, denn sonst kann es passieren, dass das „versehentlich“ ganz schnell in den Besitz eines anderen Kindes übergeht… Kleine Anekdote: Ein Junge im Alter von 8 Jahren hat letztens draußen vor einem Haus einen Ball gefunden. Hebt ihn auf. Einer der Psychologen: „Willst du nicht in das Haus gehen und fragen, ob den jemand verloren hat?“ „Nein, ich hab den gefunden, also gehört er mir. Hier im Pueblito läuft das so.“ Der hat schon die „wirklichen Regeln des Lebens im Pueblito“ verstanden, sag ich da nur… ). Hin und wieder werden mit den Kindern auch Ausflüge unternommen. So waren wir mit ihnen in den Ferien zum Beispiel Schwimmen und im Freizeitpark. Diesbezüglich unterscheidet sie nicht ALLZU viel von anderen Kindern einer costaricanischen Mittelstandsfamilie. Was ich allerdings als Problem dieser Kinder sehe, ist, dass sie im Gegensatz zu den anderen Kindern einer normalen costaricanischen Mittelstandsfamilie nach wie vor schlichtweg keine Familie haben, obwohl das Pueblito sich immer so sehr damit rühmt, den Kindern genau das zu bieten. Einmal habe ich den Fehler gemacht und in Anwesenheit unseres inzwischen herausgeworfenen Direktors Don Alexander (das Pueblito ist inzwischen 3 Wochen ohne Leitung, wir warten nach wie vor auf einen neuen Direktor, der von der größten Spendengebereinrichtung ernannt werden muss, der dann jemand von außen ist, der noch gar nicht weiß, wie Dinge im Pueblito laufen, aber ich habe noch Hoffnung, es kann nur besser werden) erwähnt, dass die Kinder im Pueblito ja immerhin so etwas wie eine Familie hätten. Da hat er mich am Handgelenk genommen, mir in die Augen geguckt und gesagt „Nein, Joanna, sie haben hier nicht so etwas wie eine Familie. Sie HABEN eine Familie.“ Ich hab dazu nichts weiter gesagt, mir aber gedacht, dass ich eine Wohnsituation, in der sich die Mitbewohner ständig ändern, so dass ich zu niemanden eigentlich einen richtigen Bezug aufbauen kann, leider nicht Familie, sondern viel mehr Zweckswohngemeinschaft nennen würde. Womit wir an einem weiteren Punkt angelangt wären, den in im Pueblito nicht verstehe. Auf Grund mangelnden Personals, wodurch auch die hohe Anzahl der medikamenteneinnehmender Kinder verschuldet ist (ich glaube von 120 Kindern sind es mit Sicherheit 80, die täglich Medikamente einnehmen „müssen“), versucht man stets, die ideale Kinderkonstellation für ein jedes Haus zu finden. Hausmamas kommen und gehen, wie es ihnen und der Leitung des Pueblito passt und alles hängt an dem Versuch, ein möglichst friedliches Zusammenleben zu schaffen. Was dabei völlig aus den Augen verloren wird, ist das, was den Kindern eigentlich fehlt, um ein solches Zusammenleben zu erreichen: Konstanz. Wie sollen diese Kinder, denn jemals zur Ruhe kommen, frage ich mich, wenn sich in ihrem Leben fortlaufend alles ständig zu ändern scheint? Geschwisterpaare kommen gemeinsam ins Pueblito und werden getrennt. Zum Teil sind es vier Geschwister, darunter Zwillinge, von denen jeder in ein anderes Haus gesteckt wird. Dann habe ich in einigen Häusern seit ich im Pueblito arbeite, das sind bis jetzt 6 Monate, bis zu 7 Wechsel der „Hausmamas“ erlebt. Ständig kommen neue Anwerberinnen, die ihr Glück für einige Wochen versuchen und dann merken, dass es ihnen einfach zu anstrengend wird. Die Frauen wissen zum Teil die Namen der Kinder nicht und sollen gleichzeitig eine Person des Vertrauens und des Respekts darstellen –  wie soll das denn funktionieren? Dann gibt es andere Häuser, in denen die Frauen sich wirklich Mühe geben, schone lange Zeit im Pueblito sind (lange Zeit bedeutet in diesem Fall 1 – 1,5 Jahre). In diesen Häusern werden dann statt der Senoras aber die Kinder gewechselt, weil sie sich vielleicht mal ein bisschen mehr gestritten haben, oder die Oficina beschließt, dass diese Frauen gehen müssen, damit mal ein bisschen frischer Wind in das Haus kommt. Für mich macht eine Familie aus, dass sie Familie bleibt, wenn sie sich streitet. Für mich macht Familie aus, dass sie eine Konstanz im Leben bleibt, egal was passiert. Für mich ist Familie alles – aber nicht das Pueblito!
Mir ist es schon oft passiert, dass mir Kinder erzählt haben, dass sie sich nicht wohlfühlen. Einige Kinder weinen jede Nacht. Andere sagen schon mit 10-11-12 Jahren, dass es ihr größter Wunsch ist, irgendwann weg aus dem Pueblito zu können und auch wenn die Kinder sich untereinander streiten, will eigentlich nur im Ausnahmefall mal eines das Haus wechseln. Denn eigentlich wollen diese Kinder doch nur, dass in ihrem Leben mal irgendetwas gleich bleibt, wollen irgendetwas haben, an dem sie sich festhalten können. Und vor allem wollen diese Kinder jemanden haben, den sie kennen und mit dem sie spielen und viel Zeit verbringen können. Wir haben für 120 Kinder, denen allen schon schlimmere Dinge passiert sind, als vielen von „uns“, 2 Psychologen und 2 Sozialarbeiter, die ich um ihre Probleme kümmern… Probleme wie: Das Kind ist sein Mittagessen nicht, das Kind will nicht zur Schule gehen, das Kind malt die Wände an und das Kind steht morgens zu spät auf. Befasst werden kann sich nur mit solche akut auftretenden Problemen, doch die eigentlichen Urheber dieser Problematiken schlummern weiter unbeachtet in der Kinderseele und kommen nur in seltensten Fällen zum Vorschein, in denen sie dann auch nur oberflächlich abgespeist werden, anstatt sich eingehend mit ihnen zu befassen.
Ich weiß, dass das nicht nur die Schuld unserer Mitarbeiter ist, die ja durchaus auch viel arbeiten, sonderen vor allen Dingen die des nicht ausreichenden Personals. Doch schlussendlich sind es die Kinder, die darunter leiden und auch ich kann mit meinen 6-8 Arbeitsstunden am Tag an solch grundlegenden Dingen nichts ändern. Farina und ich als Freiwillige zu zweit haben immerhin immer 1000 Ideen, die wir versuchen möglichst gut und mit möglichst vielen Kindern umzusetzen, doch auch uns fehlt es an Zeit, Kraft und auch Materialien. Vor allen Dingen helfen wir den Kindern in der Schule und basteln und malen mit ihnen oder gehen nach draußen zum Spielen; auch Kekse backen – zum Essen oder aus Salzteig – ist der ganz große Renner. Uns ist es wichtig, die Kinder in der Schule voranzubringen. Denn nur wer gut in der Schule ist und einen hohen Abschluss im besten Fall mit einigermaßen grundlegenden Englischkenntnissen erreicht, hat eine Chance nach dem 18 Lebensjahr, wenn er das Pueblito verlassen muss, gegen das größte soziale Problem Costa Ricas, die Arbeitslosigkeit, gegenan zu kommen. Außerdem versuchen wir die Kinder so viel wie möglich vom Fernseher wegzubekommen, der im Endeffekt ja auch nur einfache Beschäftigungstherapie ist. Zusätzlich bemühen wir uns auch stets ein offenes Ohr für alle zu haben, doch das ist es, was sich am schwierigsten gestaltet, da auch wir nie mit einem Kind so viel Zeit verbringen können, dass es zu uns ein 100%iges Vertrauen aufbauen könnte, da ja noch 119 andere Kinder darauf warten, dass wir etwas mit ihnen machen.
Und dennoch haben wir es geschafft, eine bessere Beziehung zu den Kindern aufzubauen, als jeder der anderen Mitarbeiter der Oficina, die doch stark vor ihren PCs versauern und meiner Meinung nach zu viel Zeit damit verbringen, sich lustige Videos bei Youtube anzuschauen. Von den Senoras, die schon längere Zeit im Pueblito verbracht haben, wurde uns inzwischen schon das ein oder andere mal gesagt, dass sie sich mehr freuen, wenn wir in die Häuser kommen, als irgendwer unsere Mitarbeiter, da wir diejenigen sind, die sich ernsthaft mit den Kindern beschäftigen und sich nicht nur mit oberflächlichen Problemen auseinandersetzen.
Ich bin wirklich froh, in meinem Projekt zu arbeiten, weil ich jeden Tag den Sinn darin sehe und daraus jede Menge Motivation schöpfe. Doch gleichzeit schafft es mich auch wirklich. Meine Freunde schreiben mir zum Teil, dass ich hier doch eigentlich eh nur „chill“, weil sie nur die tollen Strand- und Partyfotos vom Wochenende sehen, doch eigentlich steckt hinter der wochendendlichen Ausflügen auch sehr der Wunsch, erstmal wegzukommen, einfach abzuschalten. Denn alles, was ich im Projekt sehe und alles, was ich gerne ändern will, aber nicht schaffe, belastet mich teilweise so sehr, dass ich nachts mehrfach aufwache und auf einmal hellwach über Kinder aus dem Pueblito nachdenke oder Albträume habe, in denen den Kindern etwas schlimmes passiert. Und das, obwohl ich doch eigentlich genau diesen Schlaf brauche, um am nächsten Tag wieder all meine Energie in die Arbeit stecken zu können. Ich liebe meine Arbeit, wenn ich mit den Kindern spiele und lache oder tatsächlich einmal die Materialien zur Verfügung gestellt bekomme, um drauf loszubasteln und das Projekt zu verschönern, so wie wir im letzten Monat ein Himmel- und Höllespiel mit richtiger Farbe haben aufmalen dürfen oder ich im Moment lustige Filmfiguren aus Moosgummi nachbastle, um die neuen Computer im Computerraum damit zu numerieren. Und ich weiß, dass ich wirklich fast jeden Tag 110% gebe, um das beste im Projekt zu leisten und doch sterbe ich jedes mal vor schlechtem Gewissen, wenn ich „schon“ um 4 oder halb 5 gehe und auf dem Weg ein Kind treffe, das mich fragt „Joannaaaa, spielst du mit mir? Machen wir waaaaas? Bitteeeeee!!“ Und ich dann sagen muss, dass ich doch eigentlich grade nach Hause gehen wollte, und dann als Antwort kriege: „Du bist doof. Nie machst du was mit mir. Immer nur mit den anderen. Und immer sagst du morgen und dann kommst du nicht.“ Das stimmt zwar nicht immer, aber ich weiß, dass darin doch auch immer ein Fünkchen Wahrheit steckt, weil ich mich einfach nicht jeden Tag mit 120 Kindern beschäftigen kann, auch wenn ich das gerne tun würde.
Das Pueblito ist für die Kinder in meinen Augen eine gute Alternative zum auf der Straße leben und vielleicht auch zu einigen anderen Orten auf der Welt, an denen Kinder leben und aufwachsen, doch auch nicht viel mehr und vor allen Dingen für costaricanische Verhältnisse, die doch recht nah am europäischen Lebensstandart dran sind. Auch die Idee an sich halte ich für keine schlechte, doch nicht der Größe, in der sie angesetzt ist. Würde man das gleiche für vielleicht 50 Kinder einrichten und Personal finden, das wirklich gewillt ist, seine Arbeit gut zu machen, wäre das wahrscheinlich ein ganz wunderbares Projekt. Doch so wie es jetzt ist, gibt es meiner Meinung nach viel zu viel, was eigentlich von Grund auf geändert werden müsste.
Ich bin dankbar, dass ich dort arbeite und diese Erfahrung machen kann. Aber jeden Tag denk ich mir auf’s Neue: Tauschen möchte ich mit diesen Kindern nicht.

 

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Halbjahresbericht

Es fehlen viele Berichte über alles das, was zwischen November und jetzt passiert ist, ich weiß. Sie werden nächste Woche folgen, versprochen. Aber hier kommt schon einmal der für den ICJA Freiwilligenaustausch weltweit e.V. zusammengefasste Halbjahresbericht, um überhaupt einmal wieder etwas von mir hören zu lassen.
Nur so viel: Wenn man von den Leuten nichts hört, geht es ihnen gut 😉

Joanna Brodersen

Costa Rica – IJFD – 2013/14

Pueblito de Costa Rica, Paríso, Cartago

Zwischenbericht

Der Halbjahresbericht
E-Mail vom ICJA: Der Halbjahresbericht steht an – Wie, schon? Zwar fand im letzten Monat bereits das Zwischenseminar für uns Costa Ricaner statt, doch eigentlich waren da erst die 5 Monate herum, aber jetzt ist es wirklich beinahe soweit, dass ich schon ein halbes Jahr in Costa Rica lebe – nicht zu fassen, wie schnell die Zeit verflogen ist!
Ich liebe das Leben, das ich mir inzwischen hier in Costa Rica aufgebaut habe und möchte noch gar nicht daran denken, dass das irgendwann alles vorbei sein wird…
Natürlich war nicht immer alles ganz einfach. Da ich fast ganz ohne Spanischkenntnisse nach Costa Rica kam, war Kommunikation die erste Hürde, die es für mich zu bewältigen galt. Das Vorbereitungsseminar im Land wurde zwar auf Englisch abgehalten und ich hatte das Glück, dass eine meiner Gastschwestern mit ihren 16 Jahren erstaunlich gut Englisch spricht, aber dennoch gestaltete sich insbesondere der erste Monat mit der Sprache etwas schwierig. Ich kam häufig durcheinander mit Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch und allem, was ich irgendwie ein bisschen konnte und zusätzlich ist das Spanisch hier auch doch recht anders, als das aus Spanien, mit dem ich mich zuvor in Deutschland immerhin versucht hatte, ein bisschen vertraut zu machen. Doch Dank meiner äußerst gesprächigen Gastfamilie und meinem eigenen Willen, mich möglichst schnell kommunizieren zu können, war ich nach etwa 2 Monaten so weit, dass ich alles (zumindest elementar) verstanden habe und jetzt, nach beinahe einem halben Jahr, kann ich von mir behaupten fließend und, wenn man Außenstehenden Glauben schenken darf, gut Spanisch zu sprechen.

Mit dem zunehmenden Verständnis haben sich dann auch meine Familie hier, mein Projekt und allgemein mein neues zweites Heimatland Costa Rica als absoluter Jackpot herausgestellt! Klar, dass vieles neu und ziemlich anders war. Grade für mich als Einzelkind war es (ist es) eine ganz neue Erfahrung, mit auf einmal 7, inzwischen 12 weiteren Personen in einem Haus zu leben, in das auch stets noch weitere Familienmitglieder oder Freunde ein- und ausgehen und sich zu Beginn an Gruppengesprächen zu beteiligen war eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, weil ich schlichtweg nichts verstanden habe. Ich habe dann immer einfach nett gelächelt, genickt und mitgelacht in der Hoffnung, dass der Witz grade nicht auf meine Kosten ging. Doch inzwischen kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, in Deutschland wieder nur mit meinen Eltern unter einem Dach zu leben. Denn ich weiß jetzt schon, dass mir der ständige Lärm (den zusätzlich nämlich auch noch unsere zwei Hunde, die Katze und 7 Welpen veranstalten), die vielen kleinen Zankereien und vor allen Dingen das laute Lachen und Späße machen, wenn abends oder Sonntags alle beisammen sitzen, gewaltig fehlen werden.

Doch eigentlich will ich daran noch gar nicht denken, denn noch bleibt mir ein halbes Jahr hier und das will schließlich auch genutzt werden!  Costa Rica ist voll von wunderbaren Orten, von denen ich an meinen Wochenenden und in meinem 3,5-wöchigen Urlaub letzten Monat schon jede Menge gesehen habe und dennoch gibt es vieles, was ich auch jetzt noch entdecken will – sowohl in Costa Rica selbst, als auch rund herum. Generell wird es mir hier eigentlich nie langweilig, denn unter der Woche habe ich meinen Alltag mit Arbeit, Tanzkurs und Freunde treffen (Freunde sind zwar leider mehr die anderen Freiwilligen als Tic@s, aber vielleicht kommt das ja noch) und am Wochenende steht auch immer etwas an, sei es Reisen, Ausflüge machen oder Party in San José. Entgegen meiner Erwartung kann man das alles hier nämlich erstaunlich gut und verhältnismäßig sicher machen (man darf sich halt nicht doof anstellen und muss vielleicht auch ein bisschen Glück haben, aber im Grunde genommen ist es hier nicht mehr oder weniger sicher, als in jeder europäischen Großstadt), so dass ich eigentlich immer froh bin, wenn ich mal einen Tag frei habe, um meine Wäsche zu waschen und mich von der Arbeit auszuruhen. Denn die ist zwar schön und gefällt mir ausgesprochen gut, ist aber bisweilen auch ausgesprochen anstrengend.

Ich arbeite hier zusammen mit einer zweiten deutschen Freiwilligen in einem Kinderheim, das im Schnitt um die 120 Kinder beherbergt (hin und wieder müssen welche gehen oder können zu ihren Familien zurück und im Gegenzug kommen dann neue Kinder, die von der Regierung in das Heim geschickt werden). Am Anfang standen wir in dem Projekt vor dem Problem, dass wir noch nicht genau wussten, wie alles funktioniert und uns keine konkrete Aufgabe zugeteilt wurde. Inzwischen haben wir das Problem, dass wir nur zwei Freiwillige sind und so viele Aufgaben und persönliche Zielsetzungen haben, dass wir nicht wissen, wie wir das eigentlich alles schaffen sollen und arbeiten häufig anstatt unserer vorgeschrieben 6 Stunden täglich zwischen 7 und 8 Stunden. Die größten Schwierigkeiten, die wir in unserem Projekt sehen, sind fehlende Konstanz im Leben der Kinder, aufgrund ständig sich wechselnden Personals, generell fehlendes Personal – es gibt niemanden, der die Zeit hat, um sich der Probleme und Bedürfnisse der Kinder ausreichend anzunehmen (wir auch nicht!!) und sie vor allem auch schulisch zu unterstützen – und mangelndes Budget, das zusätzlich auch noch, unserer Meinung nach, nicht richtig investieret wird. (So werden beispielsweise die Außenfassaden der Häuser renoviert, damit Besucher von Außen einen bestmöglichen Eindruck vom Projekt bekommen, die eigentliche Wohnsituation der Kinder wie durchgelegene oder keine Matratzen, gefährlich wackelige Betten, schimmelige und heruntergekommene Bäder und auseinanderfallende Schränke bleiben gleich fatal.) Wir haben es uns deswegen zur Aufgabe gemacht, ein Gleichgewicht zu finden zwischen schulischer Unterstützung, die wir den Kindern so weit wie es eben geht versuchen zu bieten (die meisten Kinder haben das Schuljahr bestanden, juhuuu J ), und der Gestaltung von Freizeitaktivitäten, die etwas anderes beinhalten, als den ganzen Tag vor dem Fernseher zu hängen. Unsere persönlichen Ziele sind es dabei, dass möglichst viele Kinder im Grundschulalter oder älter am Ende des Jahres lesen können und zumindest grundlegende Englischkenntnisse besitzen. Zudem wollen wir erreichen, dass sie ein Verständnis dafür entwickeln, warum es wichtig ist, zur Schule zu gehen, zu lernen und sich zu engagieren und wir wollen ihnen beibringen, sich selber Ziele zu setzen. Wir wollen versuchen, dass die Kinder mehr Selbstvertrauen entwickeln, ihre eigenen Talente finden und an sie, sowie an sich selbst anfangen zu glauben. Konzeptideen dafür sind bereits entwickelt und warten nur noch darauf, umgesetzt zu werden, doch fragen wir uns, ob das in der kurzen Zeit, die uns noch verbleibt, mit nur 4 Händen und all den anderen Aufgaben, die nebenbei noch tagtäglich anstehen, überhaupt machbar ist. Denn auf die Hilfe unserer Mitarbeiter können wir wohl eher nicht bauen, da diese zum einen mit ihren eigenen Aufgaben beschäftigt sind, zum anderen aber auch eine sehr andere Sichtweise auf die Dinge haben und zum Teil nur wenig Verständnis für unsere Arbeit, beziehungsweise unsere Arbeitsweise zeigen.
Ich liebe meine Arbeit, weil ich weiß, dass sie unheimlich sinnvoll ist und dennoch tat mir mein Urlaub im letzten Monat wirklich gut, um mich seelisch ein wenig von allem zu distanzieren. Denn für die Kinder im Projekt bin ich eine Mischung aus beste Freundin und Mutterersatz und gleichzeitig für die älteren Jungs als blondes, deutsches Mädchen einer Art Objekt der Begierde, an dem sie ihre Grenzen versuchen auszutesten. Ich muss noch lernen, das alles nicht zu nah an mich heran zu lassen, doch manchmal tut es einfach weh zu sehen wie meine 120 Lieblingskinder dort so anders aufwachsen als ich es konnte und einfach schlichtweg nicht in der Position zu sein, um das ändern zu können, und gleichzeitig zu wissen, dass es anders sein könnte. Ich habe hier in Costa Rica selbst schon gute Gegenbeispiele gesehen von dem, wie gut es sein kann, wie es in Kinderheimen funktionieren kann und frage mich, warum es in diesem Projekt so unmöglich erscheint, wirkliche Besserung zu erzielen. Doch auf der anderen Seite erinnere ich mich auch immer daran, dass es vermutlich auch viel schlimmer sein könnte.

Ich selber habe ja zum Glück meine tolle Gastfamilie, Familie und Freunde, mit denen ich über alles das, was mich belastet, austauschen kann, wonach es mir immer gleich viel besser geht, und bisher endeten doch die meisten Tage hier mit einem Lächeln, wenn vielleicht auch einem müden.

Alles in allem kann ich auf jeden Fall sagen, die Entscheidung nach der Schule ein Jahr nach Costa Rica zu gehen, die beste war, die ich hätte treffen können!

Mit diesen Worten: Chao y hasta luego, Joanna

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3 Monate Pura Vida!

Gestern war es soweit, ein erstes richtiges Jubiläum: Ich lebe bereits ein viertel Jahr in Costa Rica! Und ja, was soll ich sagen? Ich glaube, ich bin verliebt!
Dieses kleine Fleckchen Erde mit seinen löchrigen Straßen und der so unglaublich vielseitigen Natur hat es mir einfach angetan!
Keine 10 Pferde würden mich momentan dazu bringen, früher als ich muss nach Deutschland zurückzukehren und schätze meine Zeit hier jeden Tag auf’s Neue. Ich habe einfach unheimliches Glück hier!

Aber was mache ich hier eigentlich so?
Seit 2 Monaten arbeiten Farina und ich jetzt in unserem Projekt, dem Pueblito. Das war am Anfang gar nicht so einfach. Die erste Woche war wirklich super! Wir wurden überall vorgestellt, uns wurde soweit alles gezeigt und erklärt und wir sollten erstmal eine Kennlernwoche gestalten. Also sind wir einfach mit ein paar Bastelideen in die verschiedenen Häuser gegangen, haben so die Kinder kennengelernt und uns auch schon mit den ersten Namen (ich kann immer noch nicht alle 120 beim Namen nennen, aber doch schon ziemlich viele) vertraut gemacht. Dann die zweite Woche: ernüchternd.

Wir, in unserer typisch deutschen Ordnungssucht gefangen, haben uns zwei Tage lang hingesetzt und in größter Mühe und Arbeit einen Stundenplan für uns und die Kinder erstellt, inklusive Sport, Malen&Basteln, Singen, Hausaufgabenclub und Englischnachhilfe. Haben uns die Stundenpläne jedes einzelnen Kindes angeguckt und nach diesen Plänen und Alter Englischlerngruppen zusammengestellt und hatten sogar schon erste Stunden vorbereitet, mit Seiten zum Lesen, Lückentexten, etc. So weit, so gut. Anschließend sind wir also in die Häuser gegangen, haben die Pläne verteilt, sie den Doñas, den Hausmamas, erklärt und waren pflichtbewusst zu den angegebenen Zeiten an den verabredeten Orten. Da waren allerdings auch nur wir. Von den Kindern weit und breit keine Spur! Also wieder in die Häuser: „Wo sind denn die Kinder?“ „Wie, die sollten irgendwo sein? Welcher Stundenplan? Ach der galt schon heute? Ach, es ist schon 10? Oh….“ Nach einigen Tagen haben wir eingesehen: Das war wohl ein Schuss in den Ofen, so funktioniert arbeiten in Costa Rica nicht! Da uns wie gesagt nicht direkt eine konkrete, feste Aufgabe zugeteilt wurde, mussten wir also sehen, wo wir bleiben.  Wir sind erstmal ein bisschen herumgeirrt, immer auf gut Glück in die Häuser gegangen, um zu sehen, ob jemand vielleicht Hausaufgaben hat oder Lernen muss oder es Kinder gibt, die Lust haben, etwas mit uns zu machen. Wir waren uns noch nicht so sicher, ob wir im Pueblito eigentlich gebraucht werden. Doch es hat nicht lange gedauert, bis wir schließlich herausgefunden haben: JA, wir werden gebraucht! Nachdem wir richtig angekommen waren, die Kinder und die Doñas besser kannten und auch mit den Leuten aus der Oficina vertrauter geworden sind, konnten wir uns fast gar nicht mehr retten vor Aufgaben! „Joanna, kannst du mir bei Englisch helfen?“ „Joanna, ich hab eine Hausaufgabe, die ich nicht allein schaff!“ „Joanna, ich muss ein Projekt für die Schule ausarbeiten!“ „Joanna, kannst du kurz die Liste verteilen und die Unterschriften sammeln?“ „Joanna, wann malen wir mal wieder?“ „Kommst du heute in mein Haus und machst was mit mir?“ „Wann spielen wir wieder was lustiges?“ „Willst du mit mir Murmeln spielen?“ Zusätzlich haben wir uns im Oktober unser erstes eigenes kleines Projekt ausgedacht. Hier in Costa Rica wird Ende Oktober nämlich nicht Halloween gefeiert, sondern alternativ „El día de las mascaras“. Dafür haben wir fast 3 Wochen lang neben allem anderen aus Luftballons, Zeitungspapier und selbstgekochtem Kleister aus Wasser und Mehl Masken gebastelt, die man sich über den ganze Kopf stülpen konnte und die lustig angemalt. Am 31.Oktober dann haben wir gemeinsam mit dem Profe Leo eine kleine Fiesta mit lauter Musik und Tanzspielen organisiert, zu der alle Kinder ihre selbstgemachten und bunt bemalten Masken gebracht haben (d.h. die, die es bis dahin überlebt haben und nicht schon eher als Ball verwendet oder in Folge eines Wutausbruchs andersweitig zerstört wurden). Die kurze Zeit danach wiederum war eher entspannt, doch seit dieser Woche starten die Weihnachtsvorbereitungen auch im Pueblito (in meiner Gastfamilie steht der Kunststofftannenbaum bereits seit Mitte Oktober) und es gibt alle Hände voll zu tun. Farina und ich haben uns vorgenommen, für jedes Haus einen Adventskalender zu basteln, weil die das hier nicht kennen, und außerdem wollen wir jede Menge Deko basteln, Plätzchen backen, Weihnachtslieder einstudieren und natürlich in der Oficina so mithelfen, dass auch jedes Kind am 24. Dezember rechtzeitig sein Weihnachtsgeschenk bekommt! Gesponsert werden diese Geschenke von außerhalb, von Organisationen und ähnlichem, die dann damit werben können, dass sie das Pueblito unterstützen. Genüged Geld hätte das Pueblito selber nicht. Allerdings wird am 1.12. noch ein Spendenlauf veranstaltet, dessen Erlös dem Weihnachtsfest der Kinder sicherlich zum Teil auch zu Gute kommt. Die kleinen Geschenke für den Adventskaldener und eventuell für Nikolaus zahlen Farina und selbst. Es fehlt wirklich an Budget!
Aber ich muss sagen, dass ich da wirklich gerne tue! Denn die Kinder sind mir, auch wenn sie einen manchmal wirklich auf die Palme bringen können, vor allem sobald man versucht, etwas mit mehreren zu machen, schon jetzt unheimlich ans Herz gewachsen und die Arbeit bringt mir so viel Spaß, dass ich eigentlich mind. 2 mal die Woche nicht von 9-15Uhr, wie unsere Arbeitszeiten eigentlich sind, sondern bis 16Uhr oder auch länger arbeite und dann doch meistens mit einem Lächeln nach Hause gehe! Insbesondere dann, wenn ich an diesem Tag kleine Erfolgserlebnisse verbuchen konnte, wie ein Kind, das mir erzählt, dass es 100Punkte in dem Examen gemacht hat, für das wir zusammen gelernt haben, ein Kinder, das sich über das Kostüm freut, das wir gemeinsam gebastelt haben oder einfach Kinder ganz ohne Grund auf einen zulaufen und dir einen fetten Kuss auf die Wange drücken! 🙂
Ich liebe meine Arbeit. ❤

Aber auch sonst gefällt mir mein Leben hier sehr gut! Mein Tanzkurs macht nach wie vor keine Anstalten, langweilig zu werden, mein Spanisch wird besser. Die Wochenenden sind stets ausgebucht und Langeweile ist mir auch hier ein Fremdwort. Des Wetter wird allmählich deutlich besser, es regnet selten und die Sonne strahlt fast den ganzen Tag, immer schon einmal sehr erbauend, wenn man morgens aus dem Haus geht!
Die Wochenenden sind mit Reisen, Feiern, wandern, etc. ausgebucht und wenn ich mal zuhause bin werde ich zur Backmeisterin und backe Brownies und Apfelstrudel und diesen Sonntag plane ich Pfannenkuchen zu machen…
Außerdem will ich alle am Nikolaustag mit einem mit Süßigkeiten gefüllten Nikolausstiefel überraschen, aber: PSSSSSSSTT! Das soll eine Überraschung werden 😉

Also, beste Grüße aus dem schönen Costa Rica ins winterlich werdende Deutschland – ich beneide euch nicht! Schnee fehlt mir hier grade so gar nicht, wobei ich dafür aber auch noch so gar nicht in Weihnachtsstimmung bin, mal gucken, wie das wohl wird.

Bis bald,

Joanna

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Ein paar Eindrücke mehr :)

Okay, also da ich offensichtlich unheimschlicht schlecht darin bin, diese Blog regelmäßig mit spannenden Geschichten auf dem Laufenden zu halten, weil ich genau weiß, dass ich dann 3Stunden mit schreiben beschäftigt bin, kommt hier eine stichpunktartige Übersicht (in die auch ein paar kleine Geschichten einfließen), was ich schon alles an Eindrücken gewonnen habe:

Religion
Religion wird in dem Leben unheimlich vieler Leute (aber nicht aller!!) groß geschrieben. Mehr als 90% der Bevölkerung sind Christen, etwa 77% Katholiken und 14%Protestanten und das merkt man auch sehr deutlich! Wenn man durch die Straßen läuft, findet man häufig Plakate mit Phrasen wie „Jesú te ama“ – „Jesus liebt dich“ oder „Dios te acompagne“ – „Gott begleitet dich“. Die größeren Städte sind von Kirchen grade zu überfüllt und in den Kirchen ist auch immer etwas los. Meine Familie geht jeden Sonntag, häufig dann zweimal, und bisweilen auch Samstags in die Kirche, doch es gibt fast jeden Tag Gottesdienste. Die Kirchen sind auch beinahe die einzigen wirklich schmuckvollen Gebäude in Costa Rica, von denen man sieht, dass sie sehr gehegt und gepflegt werden.
Wenn ich das Haus verlasse, gibt meine Gastmutter mir häufig die Worte „Que Dios te acompagne“ – „Dass Gott dich begleite“ mit auf den Weg und als es mir einmal einen Tag nicht gut ging (ein bisschen Heimweh ist wohl normal), wurde ich von ihr und ihrem Bruder, der der Pastor in unserer Kirche ist (meine Familie hier gehört der protestantischen Minderheit an), was auch die Verbundenheit zur Kirche erklärt, wurde ich damit getröstet, dass alles Gottes Plan ist und ich darauf vertrauen kann, dass er weiß was er tut und alles einen Sinn hat. Außerdem betet jeder hier abends vor dem Schlafen gehen, wurde mir erzählt. Davon bekommt man allerdings nichts mit, dann das macht jeder für sich in seinem Bettchen.
Die Gottesdienste hier sind sehr anders als in Deutschland. Alles ist sehr sehr locker, man fühlt sich mehr wie in einem Großgruppengespräch, in dem jeder z.B. erzählt, was ihm in dieser Wocher gezeigt hat, dass Gott für ihn da ist. Es wird sehr viel aus der Bibel gelesen und interpretiert, aber grundsätzlich wird sie nicht angezweifelt und alles wird sehr ernst genommen. Bei mir im Haus gibt es etwa alle zwei Wochen extra Bibelstunden, in denen alle zusammenkommen, aus der Bibel lesen und von dem Pastor Carlos etwas darüber lernen. Es wird auch viel gesungen und die Lieder sind sehr hübsch und fröhlich – davon werde ich sicherlich ein paar nach Deutschland mitbringen. Gospel kennt man hier in dem Sinne aber nicht. Wenn man erklärt, was das ist, sagen die meisten Leute, dass sie das schon kennen, aber so etwas wie einen Gospelchor gibt es zumindest in Cartago nicht.
Also meine lieben Gospelfreunde, ich muss euch enttäuschen, wir werden nächstes Jahr keinen spanischen Gospel singen können 😦 Aber die anderen Lieder sind wie gesagt auch sehr schön 🙂

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Das kircheneigene Radioprogramm.

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Taufe im Pueblito:
„Heute beginnst du unter den Augen Gottes zu leben, deinem Erschaffer. Sein Licht wird sich in deinem Herzen entzünden und dir den Weg deines Lebens erleuchten.“

Land

Dieses kleine Land Costa Rica fasziniert mich wirklich immer wieder! Während die Städte hier für mich abgesehen von einigen Parks und einigen schönen kleinen Fleckchen keine großen Sehenswürdigkeiten sind, ist die Natur dafür um so beeindruckender, da es hier einfach alles gibt!
Hier im Central Valley, wo ich wohne, ist alles vorallem von Bergen umgeben. Die größte Bergkette hier nennt sich „Cordilleras de Talamanca“ und sie beherbergt die Vulkane Costa Ricas, von denen die drei bekanntesten der Irazú, der Arenal und Poás sind. Auf dem Irazú war ich bereits bei Nacht – wirklich toll. Man kann von dort aus auf ganz Cartago, Paraíso und Orosí blicken, die nachts sehr schön erleuchtet sind! Generell gefallen mir die Städte nachts besser, als tagsüber, obwohl sie zum Teil sehr gefährlich sind. In einigen Stadtteilen San Josés kann man beispielsweise schon um 7 oder 8 Uhr abends vor allem als auffallend Nicht-Costarricaner nicht mehr alleine herumlaufen. Was das angeht, trifft es sich ganz gut, dass ich in Cartago wohne. Es ist die älteste, kulturreichste und ruhigste Stadt Costa Ricas. Hier kann ich auch abends um zehn noch relativ bedenkenfrei allein nach Hause laufen, allerdings nehme ich ab halb 10 doch meistens lieber das Taxi, wenn ich nicht sofort einen Bus bekomme, denn so ganz sicher fühle ich mich nicht und das ist vielleicht auch gut so. Vorsicht kann ja nie schaden.
Ok, zurück zur Natur. Also Vulkane, aber auch Berge und Regenwald. War inzwischen schon zweimal wandern, einmal in Orosí, richtig im Regenwald klettern und letztes Wochenende in Prucia, einem Gebirge, das in der anderen Richtung gelegen ist, in der Nähe vom Irazu. Von Regenwald war hier nichts zu sehen. Habe mich eher gefühlt, als würde ich in Bayern wandern gehen, aber auch hier: traumhafte Aussichten, Felder, Wiesen, immer mal ein paar Kühe, die uneingezäunt durch die Gegend laufen und ein paar einsame Farmerhäuser. Um um einen oder anderen Gebirge zu kommen, muss ich mich jeweils einmal eine halbe Stunde in den Bus setzen. Setze ich mich etwas länger in der Bus, erreiche ich innerhalb von ca. 2 Stunden die Pazifik-, in 3 Stunden die Karibikküste, wo sich wiederum ein ganz anderes Bild bietet! Hier gibt es weit verlaufende Strände, Palmen, tolle Wellen und mind. 20° warmes Wasser. Die kleinen Städte sind überfüllt von Tourigeschäften und Restaurants und es ist richtiges Urlaubsfeeling. Ich war bereits zwei Wochenenden an der Pazifikküste und habe mich sogar schon im Surfen versucht – bin aber leider kein Naturtalent, werde doch Geld für Surfstunden ausgeben müssen – und wenn man da so am Strand liegt und die Sonne genießt, kann man sich gar nicht vorstellen, dass man abends schon wieder ins viel kältere Central Valley zurück fährt und morgen wieder arbeiten muss, denn eigentlich hat man das Gefühl grade einen 5Sterne- 10Tagesurlaub zu genießen.
Man findet in diesem kleinen Fleckchen Erde also gefühlt alles und das sage ich bereits nach nicht einmal 2 Monaten! Man findet hier echt die unterschiedlichsten Pflanzen und auch Tiere. Geckos und Eidechsen laufen einem häufig über den Weg, aber auch Kolibris und ganz bunte und andersartige Schmetterlinge habe ich hier schon gesehen, ohne in einem der vielen Reservarte gewesen zu sein.

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Erster Strandurlaub in Jacó. PURA VIDA!

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Aussicht vom Vulkan Irazu bei Nacht auf Cartago, Paraíso und Orosi.

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Basilica de los Angeles in Cartago bei Nacht.

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… und so bei Tag 🙂

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nette Aussicht hier oder?

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Die Totenkopfäffchen sprangen vorm Hostel in den Bäumen herum.

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Weißen Sandstrand und Karibikwasser, das so warm ist wie die Luft, in Cahuita genießen!

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Klettern im Regenwald.

Nach der harten Wanderung durch den Urlaub waren wir wirklich fertig - aber glücklich!

Urwaldentdeckerinnen!

Was soll man noch sagen?

Was soll man noch sagen?

Leute
Die Menschen, die ich bisher in Costa Rica kennengelernt habe, waren eigentlich alle sehr sympathisch, offen, nett und interessiert (wenn auch einige Männer etwas zu interessiert.. aber das ignoriere ich inzwischen gekonnt). Wenn man mal nicht weiter weiß, braucht man keine Angst davor haben, einfach jemanden auf der Straße zum Beispiel nach dem Weg zu fragen, denn die meisten Leute sind äußerst hilfsbereit und sehr zugänglich, erst recht sobald sie wissen, dass man nicht aus Amerika kommt (wobei man auf die Frage nach dem Weg zwar immer eine Antwort bekommt, aber immer mindestens zweimal eine falsche 😀 In Costa Rica gibt es keine Adressen. Man orientiert sich an Läden, Parks, Häuserblöcken, etc. und naja, jeder glaubt halt ungefähr den Weg zu kennen und beschreiben zu können.. Lieber immer dreimal fragen. 😉 ).
Allerdings sollte man die Mentalität hier nicht unterschätzen. Wenn auch die meisten Leute echt einfach nett sind, gibt es halt auch die Schattenseiten, für die sich der „gute Tico“ ziemlich schämt!
Von uns Freiwilligen wurden gleich 3 in der ersten Woche hier überfallen, obwohl sie zusammen unterwegs waren und das noch vor 10Uhr. Sie wurden mit einer Pistole bedroht und ihnen wurden wirklich alle ihre Sachen abgenommen. Alle Ticos, die von dieser Geschichte gehört haben, haben sich unheimlich geschämt und gesagt, dass es ihnen unangenehm ist, dass solche Menschen halt auch zu ihrem Volk gehören.
Also: immer Achtsam! Auch wenn ich mich hier persönlich sehr sicher fühle, muss man immer die Augen offen halten!

Leben in der Familie

Das Leben in der Familie empfinde ich als sehr entspannt. Bei mir im Haus trifft man sich eigentlich immer zum Essen in der Küche, richtig zusammengegessen wird aber wenn überhaupt sonntags und dann läuft meistens der Fernseher. „Ticos sind ein Volk des Fernsehens“ trifft hier generell zu. Wir haben drei Fernseher und einer läuft beinahe immer. Sonntags lummeln meistens dann alle zusammen vor einem, total gemütlich. Ansonsten hat hier aber jeder sein eigenes Zimmer und da ist man auch immer für sich. Wenn jemand etwas möchte, klopft er an oder es wird durch das ganze Haus geschrien. Wenn alle zusammen sind, ist es eh immer sehr laut und lustig (auch wenn ich mir die meisten Witze leider nach wie vor noch erklären lassen muss) und generell ist hier zumindest immer Leben im Haus, weil eigentlich immer mal wer aus der riesigen Familie vorbeischaut oder Freunde zu Besuch sind und alle sind stets herzlich zum Essen eingeladen. Abwaschen tut jeder für sich. Spülmaschinen gibt es hier vielleicht, habe ich aber noch nirgendwo gesehen. Man wäscht mit der Hand ab und wenn jeder seinen Kram macht ist das eigentlich auch gar kein Problem. Ansonsten würde ich sagen unterscheidet sich das Leben meiner Familie hier eigentlich kaum von dem in Deutschland. Aber vielleicht sind es auch total kleine Unterschiede, die mir erst im Nachhinein auffallen werden 😉 .

Essen

Überwiegend Reis und Bohnen! Gibt es wirklich fast zu jeder Mahlzeit, auch wenn es noch Pasta oder Kartoffeln gibt. Ist halt günstig und macht satt und bis jetzt störe ich mich daran auch nicht sonderlich. Denn es gibt eigentlich immer was leckeres dazu, vor allem Hähnchen!!! und Ei.. bei mir zuhause aber auch oft Hackfleisch gemischt mit Gemüse und immer gut gewürzt (worüber sich viele andere Freiwillige beschweren, ist, dass in ihren Familien, wenn überhaupt, nur mit Salz gewürzt wird) und im Pueblito auch hin und wieder Fisch oder was auch sehr typisch ist, Bohnen in Ei eingebacken. Achja jetzt hätte ich fast das wichtigste vergessen: Sehr häufig gibt es auch „Platanos“! Das sind gebratene Kochbananen und die sind echt der Knaller! Also schmecken nicht jedem, aber wer sie mag, der liebt sie!
Ganz oft esse ich zuhause auch einfach leckere Käsesandwiches mit Tomate und manchmal gibt es auch CostaRicanische Spezialitäten wie z.B. „Pan viejo“ – „Altes Brot“, was so eine Mischung aus Brot und Kuchen und echt lecker ist oder „Agua dulce“ – „Süßes Wasser“. Ich kann nicht sagen, was das ist, aber es schmeckt ganz toll! Wenn es das das nächste mal gibt, guck ich mir mal an, wie das gemacht wird! und noch vieles mehr, was mir nur grade nicht einfällt.
Aber das Beste hier ist sowieso: Das Obst! ANANAS; MANGO; PAPAYA; BANANEN; CAS, MANONS! – ich glaube, wir werden nach diesem Jahr alle nur noch über das Obst in Deutschland nörgeln.. denn das ist hier einfach so gut!! (Außer Erdbeeren.. sorry, aber deutsche Erdbeeren kann man halt nicht toppen.) Und wenn Farina und ich unterwegs sind, geben wir stets unser ganzes Geld dafür aus, mindestens einen „Batido“ zu trinken. Batidos sind die besten Fruchtshakes der Welt, die man hier fast überall kaufen kann, die total günstig sind (nicht mal 2€ für nen 0,4l) und frisch vor deinen Augen zubereitet werden! Das ist echt der Hammer und das wird mir in DE definitiv fehlen!

Feiern

Geht in Cartago angeblich nicht so gut, hab ich noch nicht ausprobiert. In San José bringt es Spaß, wobei ich da bisher auch nur in Kneipen und kleineren Clubs war, noch in keiner richtigen Disco. Alokohol im Supermarkt ist recht teuer, im Club recht normal von den Preisen her. Die Leute hier vergnügen sich aber eh eher mit anderen Drogen, habe ich den Eindruck. Steck nicht in der Szene drin, kann ich nicht viel zu sagen.
Musikmäßig findet man eigentlich alles, halt auch das was in DE in den Clubs so läuft, aber auch viel Latinamusik zum Salsa und Cumbia tanzen, was mir persönlich ja total gut gefällt. Habe mich vor drei Wochen in der Tanzschule angemeldet und freue mich jedes Mal auf die Stunden!
Die Männer sind halt aufdringlich, es wird unheimlich viel hinterhergerufen und alle wollen einem was zu trinken ausgeben – man muss vorsichtig sein. Wobei man sich mit einigen auch einfach nett unterhalten kann.
Naja, zu diesem Stichpunkt werden bestimmt noch mehr Infos dazukommen.

Sprache

Wird definitiv besser! Spreche ich mit einer Person oder vielleicht auch mit zweien verstehe ich so gut wie alles. Natürlich muss ich Wörter nachfragen, aber es klappt! Gruppengespräche gehen, wenn ich das Thema weiß. Sprechen wird immer mehr zur Gewohnheit, es kommen jeden Tag neue Wörter hinzu, auch wenn ich stets viel Kontakt mit Deutschen habe und deswegen auch immer noch viel Deutsch spreche. Wir gewöhnen uns aber nach und nach an auch untereinander zumindest Spanisch zu schreiben, weil wir alle das gleiche Problem haben. Meine Freunde hier und die Leute aus meiner Familie bringen mir auch immer die coolen Jugendwörter bei, damit ich bald ganz modern und hip bin. 😀 Solche Wörter sind „tuanis“ – „cool, spitze“, „pura vida“ – übersetzt: „Pures Leben“, hört man hier ständig und kann man eigentlich auch zu jedem Anlass sagen und Dinge wie „yo en todo bien“ auf die Frage, wie es dem anderen geht, was so viel bedeutet wie „Alles super, alles gut“. Wird schon. Lese Harry Potter auf Spanisch. Lerne dadurch nützliche Wörter wie Zaubererumhang und Kessel. Vielleicht kann man es ja nochmal gebrauchen, wer weiß…

Wetter

Generell: Besser als in Deutschland :D.
Oktober und November sind leider die schlimmsten Monate der Regenzeit und seit gestern merkt man das auch in Cartago. Der Himmel ist grau und es gibt einmal am Tag Gewitter und bisweilen heftige Regenschauer. Aber das ist schon okay, ich will mich nicht beschweren, denn noch letzte Woche kam ich mind. zwei mal mit einem Sonnenbrand auf der Nase von der Arbeit nach Hause und der Regen hat immer so eingesetzt, das mich das nicht gestört hat. Generell ist es eigentlich immer morgens schön und dann wir es nachmittags/abends schlechter. Aber meine Gastmutter und ich lassen uns immer darüber aus „Que rico“-„wie angenehm“ der Regen doch zum Schlafen ist!
Außerdem kann man dem schlechten Wetter ganz schnell entfliehen, indem man am WE an die Küsten fährt, wo ein ganz anderes Klima herrscht und es viel viel weniger Regen gibt! Und ab Dezember setzt hier die Trockenzeit ein, also quasi der Sommer, in dem wir uns den Regen wahrscheinlich zurückwünschen werden, also ich will mich nicht beschweren ;).

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Erste Regel in Costa Rica? Verlasse das Haus NIE! NIE! NIEMALS! ohne Regenschirm! 😀 Erst recht nicht, wenn grade die Sonne strahlt 😉

Reisen

Dafür ist Costa Rica wirklich ideal. Man erreicht fast jeden Teil des Landes mit Bussen, deren zentraler Knotenpunkt San José ist und dieses Land hat wie gesagt auch alles zu bieten und man kann glaube ich innerhalb von 10 Stunden von der Grenze zu Panamá zu Grenze nach Nicaragua gelangen, wenn man wollte. Außerdem sind Busfahrten super günstig! Wir Deutschen hier findens inzwischen schon fast teuer, wenn wir 7€ für eine 4-Stunden Busfahrt zahlen.. Wir werden schockiert sein über die Preise in Deutschland 😀
Naja, also wenn man am Wochenende noch nichts vorhat, kann man also echt super schnell an super super schöne Orte reisen, sei es zum Strand, in die Berge oder in ein Naturschutzgebiet. Langweilig wird es sicher nicht und wenn an nicht mehr will als ein Bett und einen sauberen Waschraum kommt man auch total günstig davon! An der Karibikküste in Puerto Viejo gibt es ein Hostel, in dem man für nachts auch Hängematten mieten kann – auch nicht schlecht! War noch nicht da, soll aber echt cool sein!
Generell gehen wir hier immer wie die Backpacker auf Reisen, aber das geht echt total gut. Im Hostel wird dann abends schön gemütlich zusammen gekocht (irgendwie gibt es immer Nudeln mit Tomatensauce, aber ist ja auch irgendwie lecker) und ja… ich lebe hier ziemlich gut und schätze mich jedes man unheimlich glücklich, wenn ich an einem traumhaften Strand liege oder in die warmen und tobenden Wellen springe!

Noch ein paar Fotos zum neidisch machen:

Wanderung in Prucia:

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Día de la Independencia:

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Jaco:

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Fotos:

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Mehr aus Cahuita:

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Erste Eindrücke aus zwei Wochen Costa Rica :)

Hallo, hallo,

tut mir leid, dass ich so lange nichts habe von mir hören lassen, aber es passiert hier einfach so unheimlich viel und meine Tage sind so sehr verplant, dass ich jeden Abend spätestens um 22Uhr im Bett liege und mich nur darauf freue, endlich schlafen zu können! Denn im Normalfall beginnt mein Tag hier zwischen 5 und 6Uhr morgens und bisweilen werde ich auch früher wach, wenn einer meiner Zimmernachbarn z.B. schon um halb 5 aufstehen muss und dann zum Duschen die Musik aufdreht und gut gelaunt unter der Dusche mitträllert – was mir nach wie vor unverständlich bleibt, denn die Dusche hat immer einen Wärmegrad zwischen ziemlich kalt und ansatzweise lauwarm.. Keine Ahnung, wie man da so gute Laune haben kann 😀

Die kommt bei mir immer erst, nachdem ich geduscht, eine Kleinigkeit gefrühstückt (meist Cornflakes) und aus der Tür gegangen bin. Denn am Morgen erwartet mich meistens strahlender Sonnenschein und etwa 20°C (man muss jetzt aber nicht eifersüchtig werden, denn das ändert sich im Laufe des Tages…), wenn ich mich auf den kurzen Weg zu meiner Bushaltestelle begebe. Diese liegt zwar quasi direkt vor meiner Tür, aber darauf wäre ich nie im Leben gekommen, hätte man sie mir nicht gezeigt, denn es gibt weder eine Halteinbuchtung noch ein Wartehäuschen oder ein Schild.. Man muss halt einfach wissen, dass der Bus dort hält, wenn man die Hand kurz rausstreckt, sobald er vorbeifährt. Generell hätte ich einfach mal nicht vermutet, dass Busfahren so anders sein kann, als in Deutschland, aber man soll sich ja überaschen lassen.. Hätte ich in den ersten paar Tagen nicht César, ein guter Freund meiner Gastfamilie, den ich inzwischen auch schon zu meinen Freunden hier zähle, an meiner Seite gehabt, wäre ich wirklich heillos überfordert gewesen! Denn ich habe festgestellt, dass man als Deutscher doch ziemlich busfahrverwöhnt ist: Makierte Haltestellen, im Internet einsehbare Busfahrpläne und Fahrpreise, die sich nach der Anzahl der Stationen richten – nicht so in Costa Rica!
Innerhalb des Central Valley gibt es keine Busfahrpläne, von den Haltestellen sind vielleicht die Hälfte als solche erkennbar und die Preise stehen entweder vorne am Bus dran oder man muss sie einfach wissen. Das heißt, ich gehe morgens aus dem Haus und hoffe einfach, dass in nächster Zeit ein Bus kommt, was aber auch meistens funktioniert. Habe noch nie mehr als 6-7Minuten gewartet, was für viele Ticos (so nennen sich die Einwohner Costa Ricas), aber schon lang ist.. Viele winken sich dann alternativ ein Taxi heran, mit dem man auch sehr günstig von A nach B kommt und das man abends spätestens nach 22Uhr auch eher nehmen sollte, als den Bus..
Wenn also der Bus hält, steigen alle schön geordnet nacheinander ein. Die Schlange wird danach gebildet wer zuerst da ist und es gibt nie Gedrängel. Warum auch? Denn wenn der Bus voll ist, weiß man ja, der nächste kommt auch bald (einige Busfahrer quetschen dennoch so viele Menschen rein wie möglich). Beim Einsteigen muss man darauf achten, nie zwischen den Rotlichtschranken stehen zu bleiben, das sehen die Busfahrer nicht gern, weil sie dann mehr an ihre Arbeitgeber zahlen müssen und das Geld hat man am Besten passend dabei, damit alles möglichst schnell geht. Wer mit zu großen Scheinen beispielsweise bezahlt, dem kann es passieren, dass er sein Rückgeld ganz ganz klein bekommt, weil der Busfahrer einem eine Lehre erteilen will (ist mir auch schon passiert…).
Mit meinem Bus in Cartago fahre ich dann morgens also 2 Stationen bis zu Endstation wofür ich etwa 200Colones bezahl – das sind umgerechnet ca. 30ct. Anschließend laufe ich ein Stückchen durch Cartago, um zu einer Art „ZOB“ für Busse nach San José zu kommen. Auf diesem kurzen Weg komme ich an super vielen Bäckerein und Geschäften mit Obst und Gemüse vorbei und überall riecht es unheimlich einladend. Außerdem fühle ich mich jeden Morgen ein bisschen wie auf einem Laufsteg, denn wegen meiner hellen Haut und den blonden Haaren bin ich hier schon eine kleine Attraktion. Unheimlich viele Menschen gucken mir einfach nach oder rufen mir etwas hinter her (zumeist „bonita“ oder „hermosa“ – „hübsche“, oft aber auch „gringa“ – Amerikanerin, was hier nicht unbedingt ein Kompliment ist) und ich war kurzzeitig schon am überlegen, ob ich mir nicht einen Stapel Autogrammkarten zulegen sollte 😀 (natürlich nicht wirklich). Viele Leute grüßen einen aber auch einfach nur freundlich und eigentlich ist es ja auch ziemlich schön, gleich so früh am Morgen so viele Komplimente zu kriegen 🙂
Um kurz nach halb 8 sitze ich dann in meinem Bus nach San José auf dem Weg zum „Arrivalcamp“. Mit dem Bus bin ich je nach Verkehr zwischen 45Minuten und 1,5Stunden unterwegs, zahle aber trotzdem grade mal 500Colones (ca. 80ct) und reise manchmal sogar ziemlich komfortabel in einer Art Reisebus. Klimaanlagen gibt es in diesen Bussen aber nie. Um die Temperatur erträglich zu halten, wird deswegen immer mit offener Tür und offenen Fenstern gefahren. Nur wenn der Regen einsetzt, macht man die Fenster zu oder abends wenn es kalt wird. Die Tür wird nur in seltensten Fällen geschlossen (bei einigen Bussen habe ich mich schon gefragt, ob es überhaupt eine Tür gibt, die man schließen könnte).
Mein persönliches Busfahrhighlight war gleich in den ersten Tagen, als César noch mit mir gefahren ist. Wir saßen im Bus nach San José und haben uns beinahe die Seele aus dem Leib geschwitzt, als auf einmal das Wetter umschwang und es anfing zu regnen, als gäbe es kein Morgen mehr. Wir haben gleich das Fenster geschlossen, aber dennoch hätte ich gerne im Bus meinen Regenschirm aufgespannt (ohne den man übrigens nie aus dem Haus gehen sollte!!), denn es hat einfach in den Bus hereingeregnet, so dass ich mich in San José gefragt habe, wozu ich eigentlich morgens meine Haare geföhnt hatte.. 😀 Also viele Busse sind hier nicht im Topzustand, aber das ist schon okay..
Ich freue mich jeden Morgen auf’s Neue darüber, im richtigen Bus gesessen zu haben (es gibt einfach immer noch Momente, in denen ich aus dem Fenster gucke und denke „Oh Mist, hier bist du noch nie gewesen… Du sitzt im falschen Bus“, was sich bisher zum Glück aber noch nie bewahrheitet hat)  und heil an meinem Ziel angekommen zu sein, denn an den Fahrstil hier habe ich mich nach wie vor nicht gewöhnt und denke ständig, dass es eigentlich gleich zu einem Unfall kommen müsste… In Deutschland werden mich nächstes Jahr vermutlich auch alle für wahnsinnig erklären, wenn sie sehen, in was für Situationen ich einfach über die Straße laufe, frei nach dem Motto „passt schon“. Die Leute hier kennen das halt so und rechnen damit. Man wird dann zwar angehubt, aber auch das ist nicht weiter bemerkenswert, denn San José ist ein einziges Hupkonzert. Man hupt einfach immer, sei es um sich zu beschweren, um jemanden zu grüßen, um anzukündigen, dass man gerne in die Lücke einscheren will oder um den Mädels auf dem Bürgersteig zu zeigen, dass man sie gut findet.. Ich habe das Gefühl, dass viele Leute hier schon mehr aus Gewohnheit hupen, als aus irgendeinem Grund… 😀
Aber ich habe mich erstaunlich schnell daran gewöhnt.
Also endlich in San José angekommen, steige ich mit einem „Muchas Gracias“ – „Vielen Dank“ an der Busfahrer aus, welches er noch mit einem obligatorischen „Con mucho gusto“ – „Gern geschehen“ erwiedert, und es geht auf zum Office des „ACI“ – der costaricanischen Partnerorganisation des ICJA, wo wir immer auf unsere 41köpfige Truppe von Freiwilligen (25 aus Deutschland, 16 aus anderen Ländern, wie Finnland oder Dänemark) und das Team treffen. Seit letzter Woche Dienstag kriegen wir dort täglich 3Stunden Spanischunterricht auf 3 unterschiedlichen Leveln, je nachdem wie viel man vorher schon konnte, und jeden Tag ein bisschen Input, zu Themen wie Leben und Verhalten in Costa Rica, Versicherungen, Reisen, „was mache ich, wenn“, etc. Die Leute sind alle wirklich nett, es gibt jeden Tag Kaffee und Kekse, Mittagessen kriegen wir von unseren Gastfamilien mit und wir haben auch schon einiges an Ausflügen gemacht. So gab es schon eine Stadtführung durch San José (sicherlich nicht die größte Attraktion Costa Ricas), einen Ausflug nach „La Campina“ – einem Countryclub, wo wir schwimmen und Sport machen konnten und mittags lecker für uns gegrillt wurde, und wir waren auch schon wandern in den Bergen von Orosí (was bei mir in der Nähe ist), was weniger wandern, als viel mehr klettern durch den Regenwald war, aber echt viel Spaß gebracht hat und mal eine richtige Abwechslung war – auch wenn man zwischenzeitig etwas um sein Leben gebangt hat, denn wie der Name schon vemuten lässt, ist es im Regenwald recht feucht und die glitischige Erde bietet nicht grade den sichersten Untergrund, um sich über einem Abhang entlangzuhangeln. Aber wir haben es alle unbeschadet überlebt und waren mal wieder richtig ausgelastet!

Gestern und heute gibt es außerdem abends noch einen Tanzkurs für alle, in dem wir die Grundschritte von Salsa, Merengue und Cumbia lernen und morgen ist schließlich der letzte Tag unseres Arrivalcamps, der aber mit einem großen Essen und Tanzabend ausklingt, worauf ich mich bereits unheimlich freue!

Allerdings spielt morgen Abend auch Costa Rica gegen die USA Fussball – eine langersehnte Möglichkeit der Ticos, den Amerikanern eine Lektion zu erteilen – und ich hoffe nur, dass Costa Rica gewinnt, denn sonst will ich nicht wissen, was hier so los ist! 😀 Die Ticos nehmen das sehr ernst..

So also ich glaube ich habe jetzt erstmal genug geschrieben, um grob durchscheinen zu lassen, dass es mir hier sehr gut geht und ich begeistert bin von Land und Leuten, auch wenn vieles echt anders und vielleicht erstmal gewöhnungsbedürftig ist.
Nächste Woche sollte eigentlich Farinas und meine Arbeit in unserem Projekt „Pueblito de Costa Rica“ anfangen, doch gestern wurde uns mitgeteilt, dass die Projektleitung gerne noch mehr Zeit hätte, um sich auf uns einzustellen, weswegen wir erst eine Woche später anfangen zu arbeiten. Deswegen werde ich dann sicher nochmal Zeit finden, um noch etwas mehr zu schreiben.. Denn wie ihr vielleicht bemerkt habt, ist meine Freizeit hier doch recht begrenzt – was aber gut so ist !

Ich hoffe, daheim in Deutschland ist auch alles gut soweit und dass ihr manchmal an mich denkt 🙂
Ich denke auf jeden Fall an euch!

Saludos cordiales de Costa Rica!
Joanna

PS: Achja, das mit der Sprache interessiert sicherlich auch noch viele:
Also ja.. Spanisch ist noch längst nicht zu meiner zweiten Muttersprache geworden, aber ich komme zurecht. Ganz alltägliche Dinge kann ich mit meiner Gastfamilie und auch generel gut und schnell klären, aber wenn es um ernsthafte Gespräche geht, ist das schon noch ziemlich schwer. Hin und wieder flüchte ich mich dann doch gern ins Englische, wenn Meli (meine 15 Jährige Gastschwester und die einzige im Haus, die wirklich Englisch kann) da ist oder ich brauche halt viel Zeit und mein Wörterbuch, um zu erklären, was ich eigentlich erzählen will..
Aber wie gesagt: Zu meinem großen Glück gibt es hier César und der setzt sich ganz oft ganz geduldig mit mir hin und bringt mir Spanisch Stück für Stück bei, während ich ihm im Gegenzug Englisch ein bisschen näher bringe 🙂
Auch meine Gastmutter Lucre ist sehr geduldig mit mir und Glenda, eine der Studentinnen, auch. Wenn aber alle zusammen sind und sich unterhalten, fällt es mir schwer, allem zu folgen, vor allem, weil ich abends meistens auch so müde bin. Aber ich bin sicher, dass das besser wird, sobald ich nicht mehr jeden Tag so viel mit den Deutschen mache, sondern mehr von Spanisch umgeben bin 🙂
Also bis bald!

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Angekommen!

Sooo jetzt ist es soweit – ich bin da!
Gestern morgen um 2:30Uhr sind wir in Husby mit dem Auto gestartet.. Wer braucht schon Schlaf? Um halb 5 haben wir uns mit den ersten Freiwilligen zum Einchecken am Hamburger Flughafen getroffen und um 6:50Uhr ging schließlich der erste Flug in Richtung Süden: Nach Düsseldorf.

Der Abschied war nicht einfach, aber wir alle wussten ja schon lange, dass es irgendwann soweit sein wird und wir haben es möglichst kurz gehalten, um es nicht noch schlimmer zu machen…

In Düsseldorf kamen dann noch weitere von unser Freiwilligentruppe (wir sind 25 Deutsche hier in Costa Rica) hinzu und es ging weiter nach Miami. 10Stunden Flugzeit sind wirklich anstrengend, aber jeder hatte seinen eigenen Fernseher mit großer Film- und Musikauswahl und die meiste Zeit war zumindest ich damit beschäftigt, immerhin ein bisschen Schlaf aufzuholen.

In Miami dann waren die Leute am Flughafen bei Weitem nicht so unfreundlich, wie ich es nach allen Erzählungen erwartet hatte, im Gegenteil – ich fand sie sogar ziemlich entspannt. Man wurde überall gefragt, wie es einem geht, wo man hin will und was man da dann so macht.. Sehr aufmerksam 🙂

Und da wir über 5 Stunden Aufenthaltszeit hatten, durften wir sogar den Flughafen verlassen – was uns allerdings nicht besonders viel gebracht hat. Denn es wurde uns zwar gesagt, man brauche zu Fuß nur 15 Minuten in die Downtown, aber ohne Bürgersteige war es dann doch eher schlecht dorthin zu kommen 😀
Also saßen wir einfach so ein bisschen draußen und haben uns die Seele aus dem Leib geschwitzt, weil es sooo warm und schwül war.

Schließlich ging dann um halb 8 abends nach Ortszeit unser letzter Flug nach San José. Obwohl es in San José gerade einmal (wiederum nach Ortszeit) kurz nach 8 war, als wir gelandet sind, war es draußen schon stockduster. Aber die Aussicht aus dem Flugzeug war beeindruckend! Leider gibt es davon kein Foto.. Fotografieren aus dem Flugzeug heraus hat nicht so gut funktioniert.

Am Flughafen wurden wir von Venicio, unser Kontaktperson hier in Costa Rica, abgeholt und ins ACI-Office gefahren, wo unsere Gastfamilien uns erwartet haben.
Mein erster Eindruck? Der Fahrstil der Ticos ist meinen Augen sehr gewagt 😀
Aber wir sind heil zuhause angekommen und meine Gastfamilie scheint wirklich nett zu sein 🙂
Ich lebe zusammen mit einer Gastmutter, zwei Gastschwestern und einem Gastbruder, sowie drei Studenten, die hier ein Zimmer gemietet haben. Außerdem gibt es einen Hund namens „Lucas“, eine Babykatze mit dem kreativen Namen „Gati“ (gato ist das Spanische Wort für Katze 😀 ) und einem frechen Papageien namens „Paco“ oder auch „Pepe“ – man ist sich nicht ganz einig – der einem gerne das Essen klaut und generell nicht grade den Kuschelkurs fährt.

Ich habe mein eigenes Zimmer mit einem Bett und einem Schrank und rosa Wänden – sehr süß!
Auch wenn ich bis jetzt die meiste Zeit hier mit Schlafen verbracht habe und es draußen grade wie aus Eimern schüttet, habe ich das Gefühl, dass es eine ziemlich gute Zeit hier werden kann! 🙂

Nachher, wenn alle von Schule und Arbeit zurück sind, gibt es erstmal Gastgeschenke 🙂
Die deutsche Schokolade habe ich sicherheitshalber schon gestern übergeben, bevor sie schmilzt und sie kam wirklich sehr gut an 🙂

Morgen geht es dann los mit dem „Arrivalcamp“, wo wir Freiwilligen die nächsten drei Wochen erstmal jeden Tag hingehen werden und wo wir noch einen Sprachkurs absolvieren und einfach ein bisschen auf Land und Leute vorbereitet werden 🙂

Ich werde die nächsten Tage wieder von mir hören lassen 🙂
Und Bilder folgen hoffentlich auch bald – muss nur erst mit meiner Gastfamilie absprechen, ob das in Ordnung für sie ist!

Saludos de Costa Rica!
Joanna

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Bald geht es los! :)

Hallo ihr Lieben 🙂

5 Tage habe ich noch in Deutschland, am 20.08. geht mein Flug um 06:50Uhr vom hamburger Flughafen und mein großes Abenteuer beginnt!

Ich habe grade das zehntägige Vorbereitungsseminar durch meine Organisation, den „ICJA Freiwilligenaustausch weltweit e.V.“, in Katlenburg hinter mir und bin jetzt voller Vorfreude auf meinen Freiwilligendienst!

Ich weiß inzwischen, dass ich im Projekt „Pueblito de Costa Rica“ arbeite, eine Art Kinderheim, in dem über 120 Kinder und Jugendliche zwischen 3 und 18 Jahren leben, und dass ich selber in Cartago bei einer Gastfamilie untergebracht bin, die aus einer Mutter und drei Kindern besteht und auf den ersten Blick einen super netten Eindruck macht!

Natürlich steht jetzt erstmal der Abschied bevor, aber den verdränge ich noch so gut wie es geht. Im Moment bin ich einfach gespannt!!!

Also, ich lasse von mir hören, sobald ich angekommen bin 🙂

Bis dann, Joanna

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